Am 12. August hat der Unterzeichnende die vom Hoforgelbaumeister W. Sauer in Frankfurt/Oder für die neue evangelische Kirche in Caternberg gelieferte Orgel einer eingehenden Prüfung unterzogen und gibt über dieselbe folgendes Gutachten ab.
Die Orgel ist gebaut unter Zugrundelegung der Kostenauflagen vom 19. Mai 1900 und enthält unter Wegfall des Registers 27 Quintbaß 10 2/3’ laut § 1 des Vertrages auf 2 Manualen und Pedal 29 klingende Stimmen, 3 Koppeln, 3 Kollektivzüge und einen Schweller für das II. Manual. Über die Pfeifen ist zunächst zu sagen, daß dieselben sauber gearbeitet sind bei Verwendung nur guten Materials. Die Intonation ist tadellos. Der dem einzelnen Register zukommende Charakter ist so vorzüglich getroffen, dass fast jedes Register sich zum Solospiel eignet. Bei geschickter Verbindung zweier Register, sei es beim triomäßigen Spiel oder dem auf einem Manuale lassen sich die verschiedenartigsten Klangfärbungen zusammenstellen. Von der zarten Aeoline im II. Manual bis zum kräftigen Prinzipal sind alle nur möglichen Registrierungen vorhanden und gestatten beim Vortrage namentlich von Charakterstücken die mannigfachste Auswahl. Von großem Vorteil sind die Kollektivzüge, welche bei jedem Stärkegrad ein triomäßiges Spiel ermöglichen. Für den Vortrag von Orgelstücken bei geistlichen Musikaufführungen ist besonders wertvoll der präzis wirk(sam) und leicht zu handhabende Schweller für das II. Manual. Die Klaviaturen nebst den Registerzügen befinden sich in dem vor der Orgel aufgestellten und sauber gearbeiteten Spieltisch. Die Registerzüge sind über den beiden Manualen in Gestalt einer Registerklaviatur nach Klaviaturen und Stärkegraden in übersichtlicher Weise geordnet angebracht. Die Spielart ist angenehm elastisch und doch präzis. Die Verbindung der Taste mit den Windladen funktioniert bei pneumatischer Einrichtung so zuverlässig, daß auch beim schnellsten wiederholten Anschlag derselben Taste der Ton erklingt. Die Windladen sind gleichfalls pneumatisch als Membranladen konstruiert. Das Gebläse besteht aus einem Magazingebläse, welches des Raumes wegen in zwei Abteilungen konstruiert ist, von denen jede durch 2 Schöpfbälge gespeist wird. Die Aus(gabe) des Gebläses ist so groß, dass dasselbe auch bei lang ausgehaltenen vollgriffigen Akkorden und längerem Spiele bei vollem Werk hinreichenden Wind liefert ohne Überanstrengung der Balgtreter. Die Windkanäle von genügender Weite stellen absolut winddicht die Verbindung zwischen Gebläse und Windladen her. Das Innere der Orgel ist so geräumig und übersichtlich aufgestellt, dass man bequem zu den (Ab-)teilen gelangen kann. Die Einstimmung der Orgel ist erfolgt nach der heutigen Normalstimmung: a’ = 435 Schwingungen.
Sein Gesamturteil über die Orgel führt der Unterzeichnende dahin zusammen, daß die Gemeinde zu einem recht mäßigen Preis ein Werk erhalten hat, welches in jeder Beziehung den an eine ausgezeichnete Orgel zu stellenden Anforderungen entspricht und auch vermögens seines stilvollen Prospektes der Kirche zur Zierde gereicht.
Solingen, den 17. September 1901
Paul Hoffmann
Musikdirektor
Transkription: Lothar Jorczik März 2006